Vortrag: Ein tuntischer Blick auf die schwule Szene- schwule Männlichkeit, schwuler Selbsthass, schwule Politik
Datum: 28.07.11 / 20.30 Uhr
Ort: Kino Arsenal / Szene Paradiso
Im Rahmen der Programmwoche des CSD in Suttgart wollen wir uns mit einem Vortrag einbringen. Stattfinden wird das Ganze im „Kino Arsenal“, beim „Szene Paradiso“, dem wöchentlich Trefpunkt für Queers in Tübingen.
Ein tuntischer Blick auf die schwule Szene
Schwule Männlichkeit, schwuler Selbsthass, schwule Politik
Hegemoniale Vorstellungen von einer einzigen gültigen Männlichkeit werden
tagtäglich immer wieder aufs Neue reproduziert und damit bestätigt. Was
allerdings als „echte“ Männlichkeit betrachtet wird, steht für das
einzelne Subjekt als sehr einengende Identität: Niemand kann diesem Ideal
zur Gänze entsprechen, so dass im Alltag ständig Brüche dieser als einzig
echt imaginierten Männlichkeit beobachtet werden können.
Durch die Bestrebung der einzelnen Männer, dem angesprochenen Ideal zu
entsprechen, kommt es allerdings zu Dynamiken, die wiederum andere, nicht
anerkannte Männlichkeiten marginalisieren, diskreditieren und am
Individuum diskriminieren. Gerade schwule Männlichkeit wird als gelebte
Weiblichkeit, die schlicht mit Unmännlichkeit in Verbindung gebracht wird,
nach wie vor verachtet. Die Rate schwulenfeindlicher Gewalt steigt; als
schwules Paar, offen Schwuler oder gar als Tunte auf die Straße zu gehen,
wird alleine aufgrund der Gefahr, die daraus entstehen kann, von vielen
gemieden.
Entsprechend dieses Gewaltverhältnisses haben sich innerhalb schwuler
Subkultur „eigene“ Männlichkeitskonzepte entwickelt, die sich scheinbar
festgelegte Vorstellungen von Männlichkeit angeeignet, transformiert und
umformuliert haben. Schwule könnten demnach als Beispiel dafür angesehen
werden, wie hegemoniale und dadurch homophobe Männlichkeit progressiv
umgedeutet wird.
Bei einem Blick in die heutige schwule Szene muss ich allerdings fragen:
Wo sind bitteschön die Tunten hin verschwunden?!
Schwule, die aufgrund ihrer (vermeintlich) gelebten „Weiblichkeit“
diskreditiert werden, diskreditieren sich innerhalb schwuler Kontexte
vielfach selbst. Gerade die Tunte gilt als eine Form von Männlichkeit, die
keinesfalls ausgelebt werden darf. Damit einhergehend ist die starke
Ablehnung von weiteren Formen von Männlichkeit, die in Verbindung stehen
mit Tuckigkeit, Dicksein, Behinderung oder Trans*. Dabei ist die Ablehnung
von anderen Schwulen vielfach sichtbarer und hörbarer vertreten als
Wertschätzung und Solidarität untereinander. Dementsprechend fehlt auch
weitestgehend eine politische Zusammenarbeit von Schwulen. Gibt es also
überhaupt noch Unterschiede zwischen Szenepartys und ihren angepassten
Schwulen und homophoben Heten-Partyzelten auf dem Cannstatter Wasn?
Wie sieht es aus mit Schwulsein in einer heteronormativen Gesellschaft?
Wozu dieses Gefasel von Politik? Reproduziert Männlichkeit automatisch
patriarchale Vorstellungen von Männlichkeit? Oder ist schwule Männlichkeit
stets subversive Männlichkeit, die mit heteronormativen Vorstellungen von
Geschlecht bricht?! In diesem Vortrag sollen einige schwule Männlichkeiten
in den Blick genommen und analysiert sowie die spezifische Situation
schwuler Männlichkeiten im bundesdeutschen Kontext beleuchtet werden. Es
wird eine Verbindung hergestellt zur Geschichte der schwulen Bewegung (in
der BRD) und der heutigen Situation (un)politischer schwuler Subkultur.
Dabei wird ein tuntenpolitischer Maßstab an die vorgenommenen
Betrachtungen gelegt.
Patsy l’Amour laLove / Patrick Henze ist eine Polit-Tunte und queerer
schwuler Aktivist, in der trans*interalesbischwulen Mutvilla aktiv und
studiert im M.A. Gender Studies. Forschungsschwerpunkte: Schwule
Männlichkeiten, Politiken und Bewegungsgeschichte, Polit-Tunten, Gay Porn
Studies, queerer Aktivismus schwule Mainstream-Pornographie und
HIV/AIDS-Aufklärung.
www.patsy-love.de
Mal ne Frage, ihr Lieben, habt ihr die Vorträge auch aufgezeichnet?
Gruß
Nein, haben wir leider nicht.